Sauerland eXtrem – 9.8.2014

Veröffentlicht von Christian (christian evers) am 18.08.2014
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Sauerland eXtrem – 9.8.2014

 

Bei der Überlegung, was als sportlicher Jahreshöhepunkt in Frage kommt fiel für vier Urania-Radsportler in diesem Jahr die Wahl auf die Herausforderung des Radmarathons im Hochsauerland. Nicht zu weit weg, eine junge Veranstaltung mit gutem Ruf und eine tolle Herausforderung für uns Hobbysportler. Die Veranstaltung gibt es eigentlich schon seit den 90er Jahren als Supercup. Nun ist sie vor 4 Jahren wiederbelebt worden mit dem Titel Sauerland eXtrem. Es sollte allerdings ganz anders kommen, als wir uns das in der Vorbereitung gedacht hatten.

 

Der Veranstalter schrieb schon bei der Neuauflage des ehemaligen Supercups:

 

Aufgrund der Streckenlänge von 254 Km und rund 4 000 Höhenmetern wurde der Veranstaltungstitel Sauerland eXtreme sorgfältig gewählt. Denn die Streckenführung ist nicht ohne. Nicht extrem lange Steigungsstücke sind die Schwierigkeit dieses Radmarathons, sondern die Vielzahl der Steigungen auf der gesamten Streckenlänge, die es zu überwinden gilt.
Ist der Hinweg nach Winterberg noch von einer langen Einrollphase mit anschließenden gleichmäßigen Steigungen geprägt, heißt es auf dem Rückweg immer beider Hände am Lenker zu behalten, die Augen auf die Straße richten und vorsichtig/defensiv fahren.
Plötzliche Richtungsänderungen, kurze aber heftige Steigungen hinter einer Kurve von bis zu 19 % verlangen von allen Teilnehmer/innen bis zum Schluss alles. Selbst etwa 4 km vor dem Ziel, wenn Mann/Frau mit den Gedanken vielleicht schon unter der wohlverdienten Dusche steht, heißt es noch einmal aus dem Ruhrtal hinauf nach Sölderholz. Wurde am Morgen, kurz nach dem Start die gleiche Erhebung noch locker bezwungen, muss jetzt nach rund 250 Km, der innere Schweinehund noch einmal bezwungen werden, um noch einmal, ein letztes Mal alles zu geben.

Wir begannen also schon im Winter mit dem entsprechenden Aufbau- und Krafttraining, um unsere norddeutsche Flachlandmuskulatur an die Anstiege zu gewöhnen. Ein paar Tage „Trainingslager“ im Schwarzwald gab dem Formaufbau den letzten Schliff und beim norddeutschen Härtetest, der Goslarer Adlerrunde über ca. 160km durch den Harz, zeigten sich schon Erfolge des harten Trainings. Nun konnte also der Sauerland eXtrem kommen.

Wir, das waren Ingo Köster, Thomas Eberhardt, Axel Kalkowski und Christian Evers, reisten bereits am Tag zuvor an, um an der Nudelparty teilzunehmen und frühzeitig unsere Startunterlagen abzuholen. Bereits hier zeigte sich, dass die Organisation vorbildlich war. Alles war gut vorbereitet, gut ausgestattet und für kleines Geld bekamen wir satt Nudeln zu essen, um die Kohlehydratspeicher für die kommende Anstrengung aufzufüllen.

Am nächsten Morgen ging es dann sehr zeitig los. Um 6:30 war bereits Start der ersten Gruppe. Leider verloren wir uns dort zwischen den fast 600 Startern etwas aus den Augen, so dass wir nicht alle im gleichen Startblock loskamen. Die ersten Kilometer verliefen ja noch relativ flach über leichte Wellen, ähnlich wie zu Hause in der Wildeshauser Geest, die uns in flottem Tempo bis zum Möhnesee trugen. Dann aber gings los. Einige kürzere aber knackige Anstiege, rasante Abfahrten und danach der lange gleichmäßige Anstieg nach Winterberg hoch.

 

Ich (Christian Evers) musste meine Gruppe aufgrund des hohen Tempos ziehen lassen und war irgendwie auch froh allein, in meinem Tempo die lange Steigung bezwingen zu können. Ingo Köster hatte sich mit ein paar wenigen Fahrern zu einer kleinen eingeschworenen Gruppe zusammen getan. Axel Kalkowski wie auch Thomas Eberhardt waren vom Pech verfolgt: Kalkowski hatte einen technischen Defekt, Eberhardt ein Reifenschaden. Beide trafen sich, entschieden sich bei einem Radhändler in Meschede um Hilfe zu bitten, was der allerdings ablehnte. Er ließ sie – wortwörtlich – im Regen stehen, denn inzwischen durchnässte der sommerlicher Regen alle Teilnehmer bis auf die Haut. So improvisierten sie, machten ihre Räder wieder einigermaßen fahrtüchtig und begaben sich auf die Suche nach der Marathonstrecke. Was sie nicht wussten: inzwischen waren die letzten Gruppen durchgefahren und die Organisatoren gingen davon aus, dass niemand mehr nachkommt. Also wurde dieser Teil der Strecke abgeschildert. Alle Hinweise wurde entfernt und Kalkowski und Eberhardt suchten vergeblich nach den leuchtenden Pfleilen, die die Strecke bislang ausgeschildert hatten.

In Winterberg angekommen genoss ich pitschenass aber zufrieden die warme Mahlzeit und traf beim Weiterfahren Ingo Köster, der gerade hereinkam und noch den Kahlen Asten erklimmen wollte. Nass aber warm von der Bewegung wurde nun die zweite, anspruchsvollere Hälfte in Angriff genommen. Nach einigen Kilometern hatten wir das verhangene Winterberg hinter uns gelassen, der Regen ließ nach und mit etwas Sonne und Fahrtwind war die Funktionskleidung schnell wieder trocken. Nun erwarteten uns tolle Abfahrten durch das malerische Sorpetal, immer wieder knackige Anstiege, wunderbare Aussichten und endlich auch die wärmende Sonne.

Allerdings saugten die immer wieder anspruchsvollen Steigungen auch die letzten Körner aus der Muskulatur, so dass die Kontrollstationen immer wichtiger wurden, um ein bischen verbrauchte Energie wieder zuzuführen. Die Kontrollstationen waren perfekt mit allem ausgestattet, was das Radlerherz begehrt. Wir konnten es uns bei all der Anstrengung bei den Pausen immer wieder gut gehen lassen. Bei Kilometer 175 erreichte ich dann trotz der guten Verpflegung meinen persönlichen Tiefpunkt und musste sogar kurz vor einer kommenden Station an einer Steigung anhalten. „Wie soll ich die verbleibenden 80 Kilometer noch schaffen“, ging durch meinen Kopf, „wo ich jetzt schon so im Eimer bin“. Die immer und immer wieder kommenden Anstiege hatten mich total mürbe gemacht. Nach der kurzen Erholung und einem halben Müsliriegel lief es dann aber doch wieder erstaunlich gut weiter.

 

Für Eberhardt und Kalkowski kam, nachdem sie schon in Meschede kein Glück hatten auch noch Pech dazu, da die Strecke bereits abgeschildert war. Als sie sich endlich bis zur folgenden Kontrollstation durchgefragt hatten, mussten sie feststellen, dass diese schon abgebaut war. Gottseidank hatte Kalkowski sich ausreichend Riegel eingesteckt, so dass sie bei der Anstrengung zumindest versorgt waren. Allerdings stellte sich nun die Frage, wie man ohne ausgeschilderte Strecke aus dem Hochsauerland wieder an den Startort in Dortmund Applerbeck zurück kommt. Sie fragten weiter und entschieden sich den Ruhrtal-Radweg zu nehmen, der sie über große Strecken in die richtige Richtung führte. Nach weiteren kleinen Umwegen und falschen Abzweigungen erreichten sie dann deutlich später als die meisten Marathon-Teilnehmer das Ziel.

Ingo Köster und ich waren bereits früher angekommen. Stolz, erschöpft, zufrieden und ein bischen in Sorge, wie es den Sportkameraden ergangen war. Als dann endlich alle wieder im Ziel waren, konnten wir feststellen, dass die zurückgelegten Strecken gar nicht so unterschiedlich waren. Die Geschichten, die dazu erzählt wurden unterschieden sich allerdings erheblich und bieten wieder viel Stoff für die nächsten Radsporttreffen und die kommenden Radsportsaison-Pläne.


 

Christian Evers
Pressesprecher RV Urania Delmenhorst

Zuletzt geändert am: 19.08.2014 um 06:52

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